Datum: |
07.07.2018 |
Position: |
079°02’N / 010°55’E |
Wind: |
S 3 |
Wetter: |
Bedeckt |
Lufttemperatur: |
+3 |
Unser erster Expeditionstag war angebrochen. Beau unser kanadischer Expeditionsleiter weckte uns um 7.00 Uhr mit einer freundlichen Morgendurchsage. Er meldete leicht bedeckten Himmel, aber ein Blick durch das Bullauge unserer Kabinen zeigte doch reichlich blau zwischen der Bewölkung. Voller Erwartung genossen wir das erste Frühstück an Bord, denn danach sollte unsere erste Ausfahrt mit den Zodiacs stattfinden. Vorher standen allerdings noch einige obligatorische Briefings auf dem Programm, um zu lernen wie man sich im Zodiac und an Land richtig verhält und Unfälle vermeidet.
Danach ging es endlich los. Wunderbares Licht ließ den 14. Julibreen, den Gletscher vor dem wir geankert hatten in herrlichen Blautönen leuchten. Aber nicht der Gletscher selbst sollte unser Ziel sein, sondern die malerischen Felsen mit üppiger Vegetation, die die Bucht flankierten. Schon von Ferne sahen wir Bewegung an den Hängen, als wir uns näherten stellten wir fest, dass dort einige Rentiere ästen. Endemische Svalbard-Rentiere, die kleiner und gedrungener sind als ihre skandinavischen oder kanadischen Artgenossen. Bei ganz ruhiger See verweilten wir nahe der Tiere, um sie eine Weile zu beobachten. Aber es gab ja noch viel mehr zu entdecken. Vögel! Heute war wirklich ein Tag für Vogelfreunde. Zunächst entdeckten wir eine Eismöwe mit einem Küken auf einem einzelnen Felsen vor dem eigentlichen Vogelkliff. Zunächst schienen beide zu schlafen, aber dann muss dem Nachwuchs doch der Bauch geknurrt haben, denn das Küken stand auf und fing ganz offensichtlich an nach Futter zu betteln.
Wir verließen Mutter mit Kind und sahen Dickschnabellum-men auf einem schmalen Felssims, auf dem sie tatsächlich brüten ohne dass ihre Eier herunter kullern. Gleich nebenan hatten sich entfernte Verwandte der Lummen breit gemacht, die Attraktion des Vormittags: Papageitaucher. Nur etwa 1% der Weltpopulation, ungefähr 10.000 Brutpaare dieser Art sind auf dem Svalbard Archipel zu finden und hier waren sie, die Clowns der Lüfte. Wir hatten wirklich Glück. Lange verweilten wir, ließen uns von den Wellen schaukeln und schauten den possierlichen Vögeln bei ihrem Treiben zu. Aber auch Dreizehenmöwen, Eiderenten, eine Nonnengans und sogar eine Elfenbeinmöwe sahen wir auf unserem Ausflug.
Da wir auch Taucher mit an Bord haben, die vier der Zodiacs für ihre Tauchausflüge benötigen, wurde unsere Gruppe zweigeteilt. Sobald die Ersten wieder von der Ausfahrt zurückkamen, durften sich die nächsten auf den Weg machen. Die zweite Gruppe machte dann gleich die Erfahrung wie schnell das Wetter in Spitzbergen umschlagen kann. War die See zuerst ganz ruhig gewesen, kam nun immer stärkere Dünung auf und unser Guideteam hatte gut zu tun, um die schwarzen Gummiboote mit dem Außenborder auf Kurs zu halten. Dennoch bekam auch die zweite Gruppe die Rentiere und die fantastische Vogelwelt zu sehen. Denjenigen in Toms Zodiac wurde noch ein extra Expeditionserlebnis zuteil. Der Außenborder machte Probleme und ein zweites Boot musste Abschleppdienste leisten. Auch Beau kam gleich zu Hilfe und gemeinsam konnte der Motor wieder flott gemacht werden. Was für ein Abenteuer, doch es zeigte auch gleich, wie gut unsere Guides als Team zusammenarbeiten!
Die nächste Schwierigkeit wurde durch unseren freundlichen Kapitän beseitigt. Es erwies sich nämlich, dass die Dünung an der Gangway etwa einen Meter erreicht hatte, welches die Rückkehr an Bord zu einem reichlich schwankenden Unternehmen werden ließ. Also hievte PLANCIUS die Anker und Kapitän Levakov positionierte unser Schiff so, dass wir in Lee sicher die Gangway erklimmen konnten. Vielen Dank Kapitän!
Während unseres Mittagessens querte PLANCIUS den Fjord und am Nachmittag machten wir eine Anlandung in der Forschungssiedlung Ny Ålesund. Es war spannend die bunten Holzhäuser zu sehen in denen die Forscher aus aller Welt ganzjährig wohnen. Die Laboratorien konnten wir nicht besuchen, wohl aber den Shop in dem sich nette Mitbringsel finden ließen. Natürlich schrieben wir auch fleißig Postkarten, um sie vom nördlichsten Postamt der Welt zu verschicken.
Michelle und Anke erzählten uns auf Englisch und Deutsch noch spannende Geschichten zu Roald Amundsen und seinen Abenteuern, denn hier steht noch der Mast, von dem aus das Luftschiff NORGE mit Nobile und Amundsen an Bord aufbrach, um den Nordpol zu überqueren.
Wer mit offenen Augen durch die Siedlung ging konnte auch hier viele Vögel beobachten, u.a. Nonnengänse, die ihre noch ganz kleinen Jungen unter den Flügeln huderten.
Zurück an Bord hatten wir vor dem Abendessen noch ein Recap. Beau informierte uns über die geplanten Aktivitäten des morgigen Tages und Ben erzählte von seinem Aufenthalt in Ny Ålesund. Als Meeresbiologiestudent hatte er achte Wochen in der Forschungssiedlung verbracht, um Felduntersuchungen zu machen. Er gab uns interessante Einblicke in das Alltagsleben der Forscher und die Schwierigkeiten mit denen sie gelegentlich zu kämpfen haben. Bei einem leckeren Abendessen und in fröhlicher Runde in der Observation Longe konnte dieser erste ereignisreiche Tag unserer Expedition in die hohe Arktis ausklingen.