Datum: |
16.08.2024 |
Position: |
77°01.5’N / 015°56.0’E |
Wind: |
S 3 |
Wetter: |
Bewölkt/Neblig |
Lufttemperatur: |
+9 |
Über Nacht war die Plancius gut um die Südspitze Spitzbergens (Sørkapp) herumgekommen, und wer früh aufwachte, genoss einen Kaffee in der Lounge, und konnte das unruhige Meer bei der Einfahrt in den Hornsund betrachteten. Ein starker ablandiger Wind fegte weiße Kappen von den Spitzen der großen, in den Fjord rollenden Dünung; ein dramatisches Bild, das durch die tief hängenden Wolken noch beeindruckender wurde.
Diejenigen, die noch nicht wach waren, wurden von Alis routinemäßigem Weckruf aus ihrem Schlummer geweckt, und kurz darauf war es Zeit für das Frühstück. In der Zwischenzeit erkundete das Expeditionsteam den Hornsund von der Brücke aus - um nach Eisbären Ausschau zu halten und zu prüfen, ob eine Landung unter diesen Wetterbedingungen möglich war. Kapitän Evgeny positionierte das Schiff weiter innen im Hornsund, um den Windschatter der Berge auszunutzen, und wir ankerten vor der Ostseite des Gnålodden, unserem Ziel für den Morgen.
Die Fahrt mit den Zodiacs war etwas windig, und als wir am Strand ankamen, stellten wir fest, dass die Brandung an der Küste ganz schön hoch war. Wir mussten den Zeitpunkt des Aussteigens aus den Zodiacs sorgfältig abwarteten. Doch dann was es geschafft und wir standen an einem schönen kleinen Kieselstrand am Fuß der beeindruckenden Klippen. Hier konnten wir uns frei in der Umgebung bewegen, wanderten entlang mehrerer felsige Halbinseln, drt Hütte von Wanny Woldstad (einer unerschrockenen norwegischen Jägerin und Fallenstellerin) und fanden die Überreste eines Pomor-Gebäudes und eines Grabes. John erzählte uns die Geschichte von Wanny und den Pomoren und gab uns einen Einblick, wie es gewesen sein könnte, jahrelang hier zu überleben und zu versuchen, von und mit dieser unerbittlichen Landschaft zu leben. Es gab auch jede Menge Tiere zu sehen; die Klippen über uns waren voll mit Dreizehenmöwen, und das ständige Gekreische, das sogar über die starken Windböen hinweg zu hören war, bildete einen schönen Hintergrund für unsere Landung (Gnålodden hat seinen Namen von diesem Geräusch, denn es ist norwegisch für kreischen). Wir sahen Schmarotzerraubmöwen auf der Tundra bei Hütte, mehrere große Schwärme von Weißwangengänsen, Meerstrandläufer bei der Nahrungssuche entlang der kleinen Kiesstrände und mehrere Eismöwen, die die Klippen patrouillierten und nach einem unbewachten Küken Ausschau hielten. Mehrmals sahen wir Eismöwen, die sich ihrer Beute erfolgreich aus der Luft schnappten. Sie landeten auf markante Felsen und verschlangen ihre Beute augenblicklich – grausam, aber faszinierend. Viele von uns kletterten die großen grasbewachsenen Hänge hinauf, von wo aus man einen unglaublichen Blick auf die Öffnung des Hornsunds hatte und die großen Dreizehenmöwenschwärme, die über uns kreisten, aus der Nähe beobachten konnten.
Nach einem herrlichen Vormittag an Land fuhren wir zurück zur Plancius, wo wir erneut ein ausgezeichnetes Mittagessen serviert bekamen. Frisch gestärkt machten wir uns nun wieder auf den Weg und bestiegen die Zodiacs für eine Fahrt in der Burgerbukta, einem steil abfallenden Fjord, auf der Nordseite des Hornsund.
Kaum waren wir an Bord der Zodiacs, hörten wir, dass Tanya und die Taucher eine kleine Gruppe Belugawale gesichtet hatten, und so machten wir uns auf den Weg entlang der Fjordwand, um diese schönen weißen Wale zu beobachten. Wir hielten Abstand, um sie nicht zu stören, konnten ihre Rücken aber trozdem gut sehen, wenn sie auftauchten. Ihre kleinen Blase waren vor der steilen, dunklen Fjordwand gut zu erkennen. Nach 10 Minuten fuhren wir weiter, tiefer in den Fjord hinein, und bestaunten die tiefblauen, erst kürzlich abgebrochenes Eisberge und die riesigen Hängegletscher, die weit über uns in hohen Tälern hingen. Wir entdeckten auch einen spektakulären Wasserfall, der aus direkt aus der Felswand entsprang. Das Wasser hatte sich durchdie löslichen Kalksteinwände gegraben. Am Ende des Fjords fanden wir den mächtigen Paierbreen, einen großen Gezeitengletscher mit einer beeindruckenden Front, die etwa 30 Meter hoch war. Als wir an der Front vorbeifuhren und darauf achteten, ihr nicht zu nahe zu kommen, sahen wir, wie mehrere kleine Eisbrocken abbrachen. Die Bedingungen im Fjord waren ausgezeichnet, die meiste Zeit war es flach und ruhig, nur gelegentlich unterbrochen von einem kalten Wind, der von den umliegenden Gletschern herunterwehte - ein schönes Beispiel für einen katabatischen Wind.
Schließlich war es an der Zeit, zur Plancius zurückzukehren, aber nicht, bevor wir auf dem Rückweg noch mehrere Gruppen neugieriger Papageientaucher passierten; diese hübschen kleinen Vögel brachten einen willkommenen Farbtupfer in die ansonsten weitgehend einfarbige Landschaft.
Das Wetter verschlechterte sich dann jedoch rasch, was uns zeigte, wie viel Glück wir heute hatten. Im Laufe einer Viertelstunde nahm der Wind zu und es begann zu regnen. Doch das konnte unseren Enthusiasmus nicht trüben, und nach der täglichen Zusammenfassung zogen wir uns warm an und machten uns auf den Weg zum Achterdeck zu einem arktischen Barbecue! Das Essen war ausgezeichnet, die Gesellschaft noch besser, und die offene Bar half dabei viele verborgene Tanztalente zu entdecken - schon bald tanzten die meisten von uns zu DJ Ingrid, und der Abend endete mit einer epischen Polonaise, die sich vom Achterdeck bis ins Restaurant schlängelte. Ein schöner Abschluss für einen weiteren wunderbaren Tag auf unserer Expeditionsreise.