Datum: |
05.07.2019 |
Position: |
79°33.3’N - 011°08.6’E |
Wind: |
2 |
Wetter: |
sonnig |
Lufttemperatur: |
+6 |
Heute morgen war die See glatt wie ein Spiegel. In ruhigstem Wetter sind wir in den Magdalenenfjord gefahren. Während wir an unserer Ankerposition trieben, lieβen sich immer mal wieder ein paar Robben blicken. Zum Geruch von getoastetem Brot und frischem Kaffee weckte uns unsere Expeditionsleiterin Birgit mit ihrer ruhigen Stimme für ein frühes Frühstück.
Direkt nach dem Frühstück macht die Crew die Zodiacs bereit. Wir waren schon ganz aufgeregt, was es wohl zu sehen und entdecken gab. Ein kurzer Besuch an Deck zeigte, wie warm die arktische Sommersonne werden konnte, und so zogen wir uns entsprechend leicht für die Landung an. Unsere erste richtige Landung brachte uns ans Ufer des Berges Alkekongen, wo ein steiniger Strand auf uns wartet. Die Steine waren durchaus sehr rutschig, doch das Expeditionsteam schaffte es ohne Probleme, uns trockenen Fuβes an Land zu bringen.
Arjen hieβ uns hier mit einer kleinen Geschichte über den Ort unserer Landung willkommen. So soll es geschehen sein, daβ in den 70er Jahren eine Gruppe Österreicher Spitzbergen mit dem Kajak umrunden wollte. Auf der Suche nach einem Platz für ihr Nachtlager schlugen sie ihre Zelte an exakt der Stelle auf, an der wir nun angelandet waren. Ihr Camp sicherten sie ordnungsgemäβ mit einem Stolperdraht, welcher laute Sprengladungen in die Luft feuerte, falls jemand oder etwas über ihn stolpern sollte und so Eisbären davonjagen sollte. Mitten in der Nacht muβte nun ein Teilnehmer dieser Gruppe dringend auf Toilette und verlieβ dazu das Camp. Er schaffte es sogar, daran zu denken, nicht den Stolperdraht auszulösen, was nachts und im Halbschlaf keine Selbstverständlichkeit ist. Danach suchte er nach einem geeigneten Stein hinter dem er sein Geschäft erledigen konnte. Unglücklicherweise lag hinter diesem Stein allerdings bereits ein Eisbär, der nun den Mann anngriff und letztendlich tötete. Aufgeschreckt durch die verzweifelten Schreie des Mannes kamen die übrigen Teilnehmer aus ihren Zelten. Als sie jedoch sahen, dass es bereits zu spät für Erste Hilfe war, kroch die frisch gebackene Witwe zurück ins Zelt und holte ihre Videokamera hervor, um die letzten Minuten ihres Mannes noch zu filmen. Später wurde diese Aufnahme im Zuge der Ermittlungen des Gouverneurs von Svalbard, dem Sysselmann, konfisziert. Ein Holzkreuz nicht weit vom Strand entfernt erinnert heute an den Vorfall.
Diese Geschichte frisch im Hinterkopf wurden wir in Gruppen eingeteilt, um die Umgebung zu erkunden. Birgit und Henry führten ihre Gruppe auf eine längere Wanderung, um das Tal in Richtung Alkebreen zu erkunden. Der Weg führte über zum Teil recht steinige Passagen aber auch über wunderbar weiches Moos. Arktisches Hornkraut und Roter Steinbrech flankieren unseren Weg und versprühten ein wenig Farbe in der Landschaft. Während wir wanderten, tauchte plötzlich ein Rentier vor uns auf. Neugierig beäugte es uns, bevor es sich in Richtung Küste auf und davon machte. Einen Blick auf diese friedlichen Tiere werfen zu können füllte uns mit Wärme. Auf unserem Weg zurück zum Strand sahen wir zwei weitere Rentiere, die neugierig um die Gruppenspitze herumtrollen.
Zurück am Strand entdeckten wir zwei Seehunde in der Bucht, die neugierig uns Besucher beobachteten. Man fragte sich automatisch, wer hier wen anschaute. Selbst die startenden Zodiacs verunsicherten die Seehunde nicht, stattdessen begannen die beiden, miteinander in der Bucht herumzutollen, sodaβ wir fantastische Fotos machen konnten.
Zurück an Bord hieß uns die Restaurant-Crew mit einem großartigen Mittagsbuffet willkommen, und wir konnten uns von der morgendlichen Landung erholen und unsere Batterien für die auf uns wartenden Abenteuer aufladen.
Während der Mittagszeit setzte die Plancius ihren Weg nach Norden fort, und wir segelten durch die atemberaubende Meerenge Sørgattet in den Smeerenburgfjord. Während im Osten die gewaltigen Gletscherfronten Eisberge ins Meer freigaben, war fast die gesamte Westseite mit Landfesteis bedeck, welches von der Küste von Danskøya weit in den Fjord hinein reichte. Die Vogelkundler an Bord hatten eine gute Zeit und beobachteten Dickschnabellummen, bis plötzlich Steve einen Eisbären auf dem Eis entdeckte. Es brauchte eine Weile bis der Rest von uns den Bären sehen konnte während wir dichter an ihn heranfuhren, ohne ihn zu stören. Aber was für ein Erlebnis – unser erster Eisbär! Die Aufregung an Deck war deutlich spürbar und stieg mit jeder Bewegung des Königs der Arktis noch mehr an. Arjen schaffte es sogar, ein paar Minuten Film mit unserem Prachtexemplar zu produzieren, um ihn uns später im Recap etwas genauer vorstellen zu können. So verbrachten wir den gesamten Nachmittag bei unserem Bären und veränderten lediglich die Position des Schiffes um einen besseren Blick zu bekommen.
Kurz vor dem Abendessen erwartete uns das Expeditionsteam mit einem weiteren Recap, in dem uns Birgit einen Ausblick auf die kommenden Tage gab und uns die aktuelle Eiskarte präsentierte. Henry gab uns eine kurze Einführung in Gletscher während Jochem sein Gletscher-Projekt „Recogn.ice“ vorstellte. Das Highlight des Recaps war jedoch unbestritten die Präsentation unseres heutigen Eisbären durch Arjen. Anhand seines Bildmaterials erklärte er uns, warum er davon ausging, daβ es sich um ein weibliches Exemplar in einem durchaus guten Zustand handelte. Das Material, welches er gefilmt hatte, war atemberaubend und lieβ die gesamte Observation Lounge in Erinnerungen an den Nachmittag schwelgen. Ein wirklich großartiges Geburtstagsgeschenk für Arjen, der heute seinen Ehrentag feierte.
Das Beobachten von Eisbären konnte durchaus sehr anstrengend sein, und so folgen wir ohne Zögern Szuszannas Einladung zum Abendessen und genossen ein weiteres Mal die fantastischen Kreationen von Khabir und seiner Küchenmannschaft.