PLA13-18, logbuch, Rund um Spitzbergen

by Oceanwide Expeditions

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Logbuch

Tag 1: Longyearbyen

Longyearbyen
Datum: 11.08.2018
Position: 78° 13.7’ N / 015° 36.1’ E
Wind: windstill
Wetter: leicht bedeckt
Lufttemperatur: +10

Spitzbergen! Kaum zu glauben, aber unser arktisches Abenteuer stand unmittelbar bevor. Das Wettergrau in Longyearbyen tat unserer Vorfreude keinen Abbruch. Am Nachmittag fanden wir uns am Pier ein, wo die Plancius bereits auf uns wartete. Für manche war es ein Wiedersehen, für andere eine erste Begegnung. Draußen begrüßte uns das Expeditionsteam, drinnen das Hotelteam, und wir wurden zu unsere Kabinen geleitet, in denen wir unser Gepäck vorfanden. Wenig später hörten wir die erste Ansage aus den Lautsprechern: Es war Zeit, sich zum obligatorischen Sicherheits-Briefing in der Lounge einzufinden. Der Zweite Offizier machte uns mit den Do’s und Don’ts an Bord bekannt und erklärte uns, was im Fall eines Notfalls zu tun ist. Anschließend stellte uns Hotelmanagerin Zsuzsanna das Schiff und seine Annehmlichkeiten vor. Mit all diesem neu gewonnenen (oder wieder aufgefrischten) Wissen gingen wir auf den Außendecks frische Luft schnappen und wurden Zeugen, wie unser Schiff ablegte und sich auf den Weg in den Isfjorden machte. Wenig später ließ der Kapitän den Generalalarm ertönen. Wir gingen in unsere Kabinen, nahmen warme Kleidung und die mächtigen orangefarbenen Rettungswesten mit und fanden uns wieder in der Lounge ein. Hier wurden wir namentlich aufgerufen, und dann hörten wir den Alarm zum Verlassen des Schiffs. Als orangefarbener Vielfüßler wanderten wir an Deck, wo wir einen Blick in die Rettungsboote werfen konnten. Danach – und wieder ohne Rettungswesten – lernten wir das Expeditionsteam offiziell kennen, und schließlich kam sogar der Kapitän vorbei, um mit uns auf unsere Reise anzustoßen. Nach dem ersten, sehr leckeren Abendessen an Bord machten wir noch einen kleinen Rundgang an Deck und genossen das Abendlicht; viele von uns waren nach der Anreise aber auch rechtschaffen müde, und die kaum spürbare Schiffsbewegung wiegte uns in den Schlaf.

Tag 2: Kongsfjord: Ny-Ålesund & Ny-London

Kongsfjord: Ny-Ålesund & Ny-London
Datum: 12.08.2018
Position: 78° 55.2‘ N, 012° 24.9‘ E
Wind: NO 1
Wetter: wolkig
Lufttemperatur: +6

Unser erster Morgen an Bord begann mit einem imponierenden Gletscherpanorama. Während der frühen Morgenstunden hatte Kapitän Alexey Nazarov Plancius an den Kongsbreen, den Königsgletscher, gesteuert. Dort erwarteten uns gleich mehrere Bartrobben und die allgegenwärtigen Eissturmvögel und Küstenseeschwalben. Während des Frühstücks ging es zurück in den Kongsfjord, und dann stand die Vergabe angemessener Fußbekleidung auf dem Programm – und Christians Briefing über das richtige Verhalten im Eisbären-Reich sowie beim Schlauchbootfahren. Sobald wir alle unsere Gummistiefel abgeholt hatten, wurden die Zodiacs klargemacht, und auf ging es nach Ny-Ålesund. Wir wandelten auf den Spuren von Amundsen, Ellsworth, Andrée und Nobile, die von hier aus in den 1920er Jahren versucht hatten, den Nordpol aus der Luft zu erreichen. Bis 1963 wurde in Ny-Ålesund Steinkohle gefördert, doch seit 1967 widmet sich diese kleine Siedlung ganz der internationalen Polarforschung. Unser Landgang bot Gelegenheit zur Besichtigung des örtlichen Museums, des Souvenir-Shops sowie des Ankermasts der Luftschiffe. Nach dem Mittagessen gingen wir in Ny-London auf der Blomstrandhalvøya an Land. Drei Gruppen wurden gebildet, je nach Bewegungsdrang: Die Gruppe der Genießer nahm sich die nähere Umgebung der Anlegestelle vor. Hier gab es eine alte Trapperhütte sowie Reste vormaliger Industrie zu bewundern. Man hatte von 1911 an für ein paar Jahre versucht, im umliegenden Felsgrund Marmor abzubauen. Das stellte sich aber schon bald als Verlustgeschäft heraus, denn der Marmor, einmal dem Permafrost entrissen, zerbröselte wie Zucker. Weiter landeinwärts ging es bergauf zu einer kleinen Seenlandschaft. Hier hatten wir Glück: Ein Pärchen der seltenen Sterntaucher mit ihrem Nachwuchs drehte auf dem stillen Wasser seine Runden. Das fast flügge Junge bedrängte den Altvogel und bettelte um Futter. Von unserer Anwesenheit ließen sich die sonst sehr scheuen Sterntaucher nicht beeindrucken. Auch Eisenten, Weißwangengänse und die nur hier brütenden Falkenraubmöwen ließen unsere Herzen höher schlagen. Die ganz Sportlichen unter uns erklommen eine weitere Geländestufe und wurden belohnt mit einer schönen Aussicht. Auf dem Weg zurück zu den Zodiacs bekamen wir Svalbard-Rentiere zu sehen. Im Gegensatz zu seinen Verwandten auf dem skandinavischen Festland ist das hiesige Rentier weniger scheu und in seinem Körperbau – gedrungener Rumpf, kurze Extremitäten – spezialisiert auf das arktische Klima. Frische Luft macht hungrig, und wieder zurück an Bord ließen wir uns nach einem ausführlichen Recap das Abendessen schmecken.

Tag 3: Hinlopenstraße: Alkefjellet & Torellneset

Hinlopenstraße: Alkefjellet & Torellneset
Datum: 13.08.2018
Position: 79° 40.0‘ N, 018° 25.1‘ E
Wind: SW 3
Wetter: bedeckt
Lufttemperatur: +5

Nach dem Ausschlafen und einem etwas späteren Frühstück als gestern startete der Tag am Alkefjellet, dem Dickschnabellummenberg, in zwei Gruppen: Alle Gäste von Deck 4 stiegen in die Zodiacs und starteten eine Rundfahrt entlang der Klippen, während die anderen vorerst an Bord blieben und von der Plancius aus die Aussicht auf die Basaltsäulen und die dicht an dicht sitzenden Vögel genossen. Später wurde getauscht. Auf beiden Touren gab es schon in den ersten grünen Abhängen drei Polarfüchse zu beobachten! Nach ausgiebiger Bewunderung der agilen Tiere ging es weiter entlang der Klippen, die an manchen Stellen 100 Meter aus dem Meer ragen. Dickschnabellummen in Abertausenden von Pärchen, Dreizehenmöwen, Eismöwen – der Himmel hing voller Vögel, es war ein stetiges Hin und Her und ein lautes Spektakel. Von der Plancius aus hatte man auch einen sehr schönen Blick auf die Gletscherzunge, die zum Meer hinabfällt: Schmelzwasser-kanäle speien Wassermassen aus, die in Wasserfällen bis zum Strand rauschen und das Blau des Meeres um viele Schattierungen bereichern. Während des Mittagessens querte Plancius die Hinlopenstraße in Richtung Südosten und brachte uns zur Landzunge von Torellneset. Auch hier hatten wir Glück: Die Walrosse waren zu Hause! Diesmal gingen wir in zwei Gruppen nacheinander an Land, während die jeweils andere Gruppe vom Schiff aus beobachtete, was am Strand vor sich ging. Schon unterwegs wurden unsere Zodiacs und wir von einigen Walrossen neugierig begutachtet – ein gutes Omen? Auch an Land, bei aller-schönstem Sonnenschein in Richtung Walrosskolonie spazierend, konnten wir immerzu Walrosse im Wasser sehen. Wer beobachtet hier eigentlich wen? Die Neugier war auf beiden Seiten sehr groß! Nur ganz langsam ging es in Richtung Kolonie, im Wasser war einfach zu viel los. Aus dem Staunen kamen wir eigenlich nicht mehr raus, und so sah man viele, viele strahlende Gesichter – wir hätten uns vorher nicht vorstellen können, dass uns so etwas erwarten würde, und eine solche Walross-Show hatten auch unsere Guides noch nicht erlebt.

Tag 4: Nordaustlandet: Reliktbukta & Karl XII-øya

Nordaustlandet: Reliktbukta & Karl XII-øya
Datum: 14.08.2018
Position: 80° 26.5‘ N, 023° 27.8‘ E
Wind: NW 1
Wetter: teilweise bewölkt
Lufttemperatur: +5

Über Nacht hatte sich Plancius in den Norden von Nordaustlandet bewegt, und am Morgen begrüß-ten uns tief hängende Wolken über den Bergflanken im Duvefjorden. An der Ostseite des Prins-Oscar-Landes, in der Reliktbukta, gingen wir an Land. Am Ufer, das einige Ansprüche an unsere Standfestigkeit stellte, teilten wir uns wie gewohnt in drei Gruppen auf. Die „Bergziegen“ unter der Leitung von Christian machten sich als Erste auf den Weg, erklommen den Aussichtsgipfel hoch über der Bucht und durften zur Belohnung eine wunderbare Aussicht genießen, auch wenn sich der Nebel hie und da als zäh erwies. Die mittlere Gruppe mit Sandra, Julia, Irene und Lucas kletterte nicht so weit; sie wanderte bis zum Sattel und konnte auf die andere Seite zur Minebukta schauen. Außerdem war Zeit, die wunder-schönen und vielfältigen bunten Steine und die darauf wachsenden Flechten zu bewundern und zu fotografieren. Die „Strandspaziergänger“ mit Gérard und Fritz erkundeten zunächst die unmittelba-re Nähe der Landestelle, ehe Gérard sie zu einer Schlauchbootfahrt in die innere Bucht einlud – eine spannende Angelegenheit nicht nur wegen der starken Gezeitenströmung. Während des Mittagessens und am frühen Nachmittag arbeitete sich unser kleines blaues Schiff unermüdlich in Richtung Nordnordost vor, bis die seltsam geformte Karl XII-øya gut sichtbar war. Plancius schaukelte sanft in der Dünung, aber das Expeditionsteam beschloss, dennoch einen Schlauchboot-Versuch zu wagen. Die Gangway erwies sich als deutlich dynamischer als bisher, und auch in den Zodiacs merkten wir schnell, dass heute durchaus die Rede von Seegang war. Nichts-destotrotz machten wir uns auf den Weg zu einer Umrundung der Insel, denn im Grün unterhalb der Vogelkolonie lagen weiße Punkte, die sich bei näherem Hinsehen als Eisbären entpuppten. Und unsere ersten Bären mussten wir natürlich aus der Nähe betrachten. Fotografieren war eine Her-ausforderung, aber die Blicke auf die insgesamt mindestens sechs Eisbären – von denen einer sogar bis ans Ufer hinabkam, um uns anzuschauen – waren das Abenteuer allemal wert. Weil wir uns so viel Zeit für unsere ersten Bären genommen hatten, fiel das Recap diesmal aus, aber Christian informierte uns während des Abendessens über die Pläne für morgen. Kurs Nord! Insgeheim fragten wir uns aber schon, wie das, was wir bisher erlebt hatten, überhaupt noch zu übertreffen sein sollte …

Tag 5: Im Packeis nördlich von Nordaustlandet

Im Packeis nördlich von Nordaustlandet
Datum: 15.08.2018
Position: 82° 28.0‘ N, 021° 12.6‘ E
Wind: W 2
Wetter: sonnig
Lufttemperatur: +3

Während wir in unseren Betten dem neuen Tag entgegenschlummerten, hatte Plancius sich auf den Weg in noch nördlichere Gefilde gemacht. Und was für eine Entfernung sie zurückgelegt hatte! Das Ziel unseres Tages war die Eiskante, und der 82. Breitengrad lag schon ein gutes Stück hinter uns, als sich das Packeis endlich in seiner Schönheit vor uns offenbarte. Ein Labyrinth aus großen und kleinen Schollen entfaltete sich, während unser Kapitän vorsichtig in diese gefrorene Welt aus ver-schiedenen Blau-, Grün-, Grau- und Weißtönen hineinmanövrierte. Die gestrige Dünung hatte sich gelegt, und die sanften Atemzüge des Ozeans waren für uns kaum wahrnehmbar, als wir an Deck standen nach dem König der Arktis Ausschau hielten, dem Eisbär. Seine Hoheit hatte es aber mit einer Audienz nicht besonders eilig. Der Morgen wurde zum Tag, es wurde zum Mittagessen gerufen, und alles, was wir bis dahin unter dem blauen Himmel bewundern konnten, waren unsere treuen Gefährten: die Eissturmvögel, die Dreizehenmöwen und immer wie-der ein paar Elfenbeinmöwen. Runde um Runde drehten sie um unser Schiff auf der Jagd nach klei-nen Dorschen, die in unserem Kielwasser an die Oberfläche gewirbelt wurden. Außerdem gab es auch für alle ausreichend Gelegenheit, gut genährte Bart- und Sattelrobben zu beobachten, die sich auf dem Eis ausruhten oder neugierig aus dem Wasser auf uns blickten. Dass wir uns hier im Reiche des Eisbären befanden, war nicht zu bestreiten. Seine Fußspuren waren immer wieder auf dem Eis zu sehen, und auch an den Resten einer Mahlzeit fuhren wir vorbei. Der aufkommende Nebel steigerte die Spannung. Das Team auf der Brücke und unsere Guides hiel-ten genauso wie wir unermüdlich mit den Ferngläsern Ausschau. Gelblichweißer Pelz war ganz of-fensichtlich eine ausgezeichnete Tarnung in dieser Umgebung. Doch dann plötzlich – da war er! Wie aus dem Nichts zeichnete sich die Silhouette eines großen Männchens direkt vor uns in den Nebelschwaden ab. Unser Kapitän stoppte den Motor, und wir trieben vorsichtig näher, um einen guten Bick auf diese wunderbare Kreatur zu erhaschen. Auch der Bär wirkte anfangs interessiert. Gemächlichen Schrittes näherte er sich dem Bug, mit seiner langen dunklen Zunge immer wieder die Luft prüfend. Nach einer Weile schien er aber zu dem Entschluss zu gelangen, dass wir allenfalls von mäßigem Interesse waren, drehte sich um und entschwand im Nebel langsam unseren Blicken. Fasziniert setzten wir unsere Entdeckungsreise fort, weiterhin auf der Suche nach gelblichweißen Schatten, die sich bewegten. Offensichtlich waren wir dem Bären über den Mittagstisch gefahren, denn die Überreste dessen, was vermutlich einmal eine Bartrobbe gewesen war, kamen kurze Zeit später auf einer Eisscholle an uns vorbeigetrieben. Die Elfenbeinmöwen waren noch eifrig mit dem Abwasch beschäftigt. Und – ja! Da lag doch tatsächlich auch noch der Tischgefährte gleich neben-an. Unser überraschendes Auftauchen weckte ihn wohl aus dem Verdauungsschläfchen. Noch etwas träge erhob er sich, gönnte uns einen kurzen Blick, drehte uns dann entschieden den Rücken zu und wanderte von dannen, die Eisscholle entlang, sprang ins Wasser und nahm Kurs auf das Eis jenseits des Speisesaales. Überglücklich und in Hochstimmung setzten auch wir unsere Fahrt fort, weiterhin die Ferngläser vor den Augen, bis Plancius am Abend wieder offenes Fahrwasser erreichte und sich auf den Weg nach Süden machte. Keine weiteren Bären ließen sich blicken, aber die, die wir heute zu Gesicht bekommen hatten, hatten wir in ihrem natürlichen Habitat erlebt. Hier waren sie viel schwieriger zu entdecken als auf den grünen Hängen der Karl-XII-Insel! Unablässig Ausschau gehalten zu haben, den gesamten Tag auf der Brücke und den Außendecks, hatte uns hungrig gemacht – unser Abend-essen hatten wir uns redlich verdient!

Tag 6: Nordaustlandet: Storøya & Austfonna

Nordaustlandet: Storøya & Austfonna
Datum: 16.08.2018
Position: 80° 13.7’ N, 027° 25.7’ E
Wind: N 1
Wetter: bedeckt
Lufttemperatur: +4

Am frühen Morgen sahen wir Storøya vor uns liegen – eine kleine Insel mit Kiesstränden und einer Eiskappe. Die Namensgebung ist missverständlich, denn von “groß” (“stor”) kann nicht die Rede sein. Wir rüsteten uns für eine Schlauchbootfahrt und schwärmten mit zehn Zodiacs aus. Schon an den ersten Felsen sahen wir Walrosse. Christian entdeckte am nächsten Strand eine weitere Gruppe von Walrossen, um die auch noch ein Eisbär herumstrich – das gibt es nur selten zu sehen! Der Eisbär hatte allerdings kein allzu großes Interesse und entfernte sich langsam entlang der Küs-tenlinie, sodass wir ihn sehr schön beobachten und fotografieren konnten. Später fanden wir in ei-niger Entfernung ein paar schlafende Bären – auch schön, aber zugegebenermaßen nicht ganz so spannend. Auf dem Rückweg tauchte der erste Bär erneut am Strand auf, wo er sich zuerst schön zur Schau stellte, später gemütlich auf einem größeren Stein niederlegte. Sehr imposant! Und dann waren da wieder faulenzende Walrosse auf den Felsen im Wasser. Durch die vielen Sichtungen wa-ren wir länger als geplant auf dem Wasser – es hatte sich rundum gelohnt! Sobald wir alle wieder an Bord waren, machte sich die Plancius auf den Weg um Storøya herum und dann gen Süden und in Richtung Austfonna. Nebel zog auf und umhüllte uns den ganzen Nach-mittag über. Wir nutzten die Zeit und hörten Vorträge über Christiane Ritter und ihre Überwinte-rung auf Spitzbergen (von Sandra), über den Polartag und die Polarnacht (von Julia) und zum Thema Eisbären (von Gérard in Englisch und Christian in Deutsch). Der Nebel lichtete sich ein wenig, und wir konnten die Gletscherkante des Austfonna ausmachen – sie schien unendlich zu sein! Ein schnel-les Abendessen gab uns die Möglichkeit, schon bald wieder draußen an Deck zu stehen und förmlich in diese unglaubliche Atmosphäre einzutauchen. Zur Stärkung baute das Hotelteam eine umfang-reiche Käsetafel in der Lounge auf und servierte Punsch zum Aufwärmen gleich draußen an Deck – super! Nebel hebt und senkt sich, Eisbrocken schwimmen im Meer, Sonnenstrahlen brechen in weiter Fer-ne durch die Wolken, der Gletscher kalbt, Eis in allen Schattierungen von Blau – Licht, Farben, Ge-räusche und die ganze Stimmung ändern sich im Sekundentakt, und man kann sich fast nicht ent-scheiden, wo man hinsehen möchte oder wo an Bord man die beste Aussicht hat. Alles ist faszinie-rend! Große Augen ob solcher Naturspektakel, strahlende Gesichter und eine fast andächtige Ruhe breiten sich auf dem Schiff aus. Diese Momente werden vielen Gästen noch ganz lange im Ge-dächtnis bleiben … Zu später Stunde holt uns der Nebel ein, und wir nehmen Abschied von Nordaustlandet und setzen Kurs gen Süden.

Tag 7: Freemansundet & Storfjorden

Freemansundet & Storfjorden
Datum: 17.08.2018
Position: 78° 12.0’ N, 021° 52.0’ E
Wind: NW 3
Wetter: bedeckt
Lufttemperatur: +6

Als der Weckruf ertönte, befanden wir uns im Freemansund. Diese Wasserstraße zwischen den Inseln Barentsøya im Norden und Edgeøya im Süden verbindet den Storfjord mit der Olgastretet, der südlichen Verlängerung der Hinlopenstraße. Da sich östlich der genannten Inseln das Eis gewöhnlich lange hält, ist es kein Wunder, dass sich um den Freemansund herum üblicherweise Bären tummeln – wenn sie das letzte abziehende Eis verpassen, bleiben sie auf den Inseln und müssen dort versuchen, über den Sommer zu kommen. Schlendern sie dann auf der Suche nach Futter herum, können sie geplante Anlandungen unmöglich machen. Da aber auf der Südseite des Sundes keine Bären auszumachen waren, stand einer Anlandung an Isbjørnodden nichts im Wege. Wir wanderten also in unseren üblichen drei Gruppen durch üppige Tundravegetation in ein breites Tal, geformt von einem mäandernden Fluss. Das Delta mit seinen zahllosen kleinen Abzweigungen und Kiesbänken war wunderbar anzuschauen. Farbenprächtig präsentierte sich die Herbstfärbung der Polarweide, die dort teilweise flächenhaft auftritt. Die Blümchen-Fans unter uns erfreuten sich an verschiedenen blühenden Steinbrech-Arten, Spitzbergen-Mohn, Arktischem Hornkraut und Knöllchen-Knöterich; sogar Polarschaumkraut wurde entdeckt! Nach dem Mittagessen erreichte die Plancius das westliche Ende des Freemansunds, wo wir die noch immer guten Bedingungen nutzten und am Kapp Lee/Dolerittneset anlandeten. An unserer Landestelle fanden wir Hütten, die für verschiedene Zwecke genutzt worden waren und teils noch werden (Wissenschaft, Jagd). Ein Walrossfriedhof aus der Zeit der Bejagung erstreckt sich über große Teile der Bucht, und etwas abseits stießen wir auf Fundamentreste von Jagdhütten der Pomoren (russische Jäger, vermutlich 18. Jahrhundert). Die Guides hatten einen Halbkreis um die Anlandestelle für uns gesichert, sodass wir uns innerhalb dieser Zone frei durch die Tundra bewegen konnten. Eine Gruppe äußerst fotogener Walrosse erwartete uns unweit der Hütten am Strand. Drei prächtige männliche Rentiere zeigten sich wenig scheu, und so war schnell ein weiteres Fotomotiv gefunden. Nach etwa zwei windigen Stunden draußen ging es zurück auf die Plancius, wo wir in der abendlichen Rückschau noch einiges zur Tundravegetation zu hören bekamen. Unterdessen nahm die Plancius Kurs in Richtung Südwesten, unserem morgigen Ziel entgegen.

Tag 8: Hornsund: Burgerbukta, Brepollen & Samarinvågen

Hornsund: Burgerbukta, Brepollen & Samarinvågen
Datum: 18.08.2018
Position: 76° 56.0’ N, 015° 33.6’ E
Wind: windstill
Wetter: Regen
Lufttemperatur: +2

Der Hornsund empfing uns mit tief hängenden Wolken und Regen. Sogar frischer Schnee war auf den Berghängen zu sehen. Aber davon ließen wir uns nicht stoppen und gingen in zwei Gruppen neugierig auf Zodiac Cruise im westlichen Teil der Burgerbukta. Wir umkreisten viele Eisberge und kleinere Eisstücke und konnten erneut eine enorme Palette von Blauschattierungen bestaunen. Ein-ge Stücke hätten aus feinstem Kristall gefertigt sein können. Besonders eindrücklich war es, als unsere Fahrer den Motor abstellten, sodass wir der „arktischen Stille“ lauschen konnten – erstaunlich, was man dann alles hört: Zum Geräusch des Regens gesellte sich ein nicht enden wollendes Knacken, Knistern und Knirschen. Das Knacken und Knistern ent-steht, wenn die im Eis seit Jahrtausenden eingeschlossene Luft aus den Blasen entweicht, das Knir-schen kommt von Eis, das aneinander reibt. Eine ganz neue Welt tat sich auf! Auch die Tierwelt war zugegen: Kittiwakes saßen ordentlich aufgereiht auf den Eisbergen, ein paar Gryllteisten schwammen hier und dort, Eissturmvögel flogen mit uns. Etwas durchgefroren und nass, aber mit strahlenden Augen gingen wir wieder an Bord, wo uns höchst willkommener heißer Kaffee, eine heiße Schokolade oder gar eine heiße Dusche erwarteten. Unterdessen machte sich die Plancius auf den Weg zum Storbreen, den wir nach dem Mittagessen gemächlich cruisend erkundeten. In Zeitlupe zog die beeindruckende Gletscherfront mit ihren Ris-sen, Spalten und Vorsprüngen vorbei. Die Wolken hoben sich gerade genug, dass wir die Berggipfel mit ihrem Neuschnee erkennen konnten. Plancius fand in einem Seitenarm des Hornsundes, im Sa-marinvågen, Schutz vor den Elementen. Leider war das Wetter am Nachmittag ausnahmsweise nicht auf unserer Seite; der auffrischende Wind und die dennoch vorhandene, beinah bodennahe Bewölkung ließen einen Landgang nicht zu. Dafür erfuhren diesmal die englischsprachigen Passagiere im Vortrag von Sandra etwas über Überwinterungen und Fallenstellerei auf Spitzbergen, und Julia stellte den deutschsprachigen Passagieren die Polarnacht und den Polartag und die vielen Zwischentöne vor. Als sich alle gedanklich schon aufs Recap eingestellt hatten, entdeckte ein Gast einen Eisbären, der auf einer Eisscholle vor dem Samarinbreen stand. Was für ein Erlebnis! Zum letzten Recap der Reise gab es Glühwein – sehr passend zum Wetter. Im Recap erfuhren wir von Christian Erschreckendes über die sich rapide zurückziehenden Gletscher im Hornsund. Gérard erklärte uns, was es mit dem unter der Wasseroberfläche versteckten Teil von Eisbergen auf sich hat, Lucas brachte uns Ähnlichkeiten im Verhalten von Walross und Mensch nahe, und Fritz de-monstrierte absolut stilsicher einige Varianten von Flügelschlägen unterschiedlicher Vögel. Es war vergnüglich! Am Ende dieses erstaunlich reich gefüllten Tages verlegte das Restaurant-Team den Grillabend kurzerhand vom Achterdeck nach drinnen – und der außergewöhnlich hohe Begeisterungspegel war ein guter Indikator für die gelöste Stimmung aller Gäste und des Expeditionsteams. Die Crew hatte wieder einmal Tolles geleistet!

Tag 9: Bellsund: Bamsebu & Recherchebreen

Bellsund: Bamsebu & Recherchebreen
Datum: 19.08.2018
Position: 77° 37.8’ N, 014° 35.5’ E
Wind: windstill
Wetter: Nebelfelder
Lufttemperatur: +8

Am Morgen erwartete uns graues Nichts – keine Sicht, nur Dünung und Regentropfen. Kurzerhand stellte das Expeditionsteam (einmal mehr) das Programm um: Wir fuhren weiter in den Bellsund hinein, in den Van Keulenfjord, und als wir hier Schutz gefunden hatten, hob sich der Wolkenvor-hang ein wenig, und wir landeten bei der Hütte von Bamsebu. Die Wandergruppe zog los, erkunde-te die Tundra, begegnete einigen Rentieren und einem Polarfuchs und beobachtete Kurzschnabel- und Weißwangengänse. Die Spaziergänger ließen es ruhig angehen; die möglicherweise etwas ma-kaber anmutende Strandwanderung führte entlang der Belugaknochen, die hier haufenweise von früheren Walfangzeiten zeugen, sowie zu den Überresten eines Eisbären, die in der Tundra lagen. Der Himmel öffnete vorübergehend noch einmal seine Schleusen, aber der Faszination dieses be-sonderen Ortes tat das keinen Abbruch – ganz im Gegenteil. Über Mittag setzte Plancius in den nahen Recherchefjord um und bereits auf dem Weg schimmerte blauer Himmel durch Wolkenlücken. Am Recherchebreen schließlich herrschte beinah perfektes Wetter: Über der mit Eisstückchen gefüllten Lagune türmten sich fotogene Wolken, die umliegen-den Berge trugen Zuckerhüte aus Neuschnee, die Sonne schien, und der Wind hatte sich gelegt. Da wir uns auf unserer letzten Anlandung innerhalb des von den Guides abgesteckten Areals frei be-wegen durften, genossen wir unseren Abschied von Spitzbergen an diesem wunderschönen Ort in vollen Zügen, und es bedurfte einiger Anstrengung, uns am Ende zur Landestelle zurückzulotsen. Es gab aber auch so viel zu sehen: Eisbärenspuren, Eisskulpturen, den Ausblick auf den Gletscher im Hintergrund … Eine große Gruppe Belugas (Weißwale) zog nahe am Ufer vorbei, und fast alle er-haschten einen Blick auf die weißen Rücken. Diejenigen, die ein Bad im Eismeer nehmen wollten, hatten dazu Gelegenheit und fanden heraus, wie kalt oder warm sich fünf Grad Wassertemperatur anfühlten. Die Mutigsten sprangen sogar mehrfach in die Fluten! Als alle zurück an Bord waren und sich wieder komplett aufgewärmt hatten, rief das Expeditions-team zum letzten Treffen mit Informationen zum morgigen Abschied von Schiff und Team. Was viel wichtiger war: Wir bekamen Gelegenheit, mit Kapitän Alexey auf unsere fantastische Reise anzu-stoßen! Am liebsten wären wir gleich noch einmal eine Runde mitgefahren … … so aber genossen wir das letzte Abendessen an Bord, lernten das Hotelteam kennen und ließen den Abend anschließend an der Bar, in der Lounge und auf den Außendecks ausklingen.

Tag 10: Longyearbyen

Longyearbyen
Datum: 20.08.2018
Position: 78°13.7’ N, 015°36.1’ E

Der letzte Tag unserer Reise begann für einige von uns ziemlich früh: Noch vor Mitternacht legte die Plancius in Longyearbyen am Pier an. Diejenigen, die auf den nächtlichen Flug gebucht waren, nahmen bereits kurz darauf Abschied von Schiff, Team und Mitreisenden und gingen von Bord. Ein Bus brachte sie und ihr Gepäck zum Flughafen. Alle anderen hatten unterdessen weitergeschlummert und wurden beinah zur gewohnten Zeit von Christian geweckt. Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von Christian und seinen Mitstrei-tern, was uns nicht leicht fiel – offensichtlich hat sich das Polar- und Expeditionsvirus auf uns aus-gebreitet. Eins steht jedenfalls fest: Wir kommen wieder! Vielen Dank für eine solch schöne Reise in Eurer Gesellschaft, für Eure gute Laune und Euren Enthusiasmus. Wir würden uns freuen, Euch zukünftig wieder an Bord begrüßen zu dürfen – wo auch immer das sein mag! Auf unserer Reise zurückgelegte Strecke: 1470 Seemeilen 2722 Kilometer Nördlichste erreichte Position: 82° 35.8’ N, 024° 18.7 ‘E Im Namen von Oceanwide Expeditions, Kapitän Alexey Nazarov, Expeditionsleiter Christian Engelke, Hotel Manager Zsuzsanna Varga und des gesamten Teams: Es war uns ein Vergnügen, mit Euch unterwegs gewe-sen zu sein! Kommt gut nach Hause und genießt noch lange die Bilder aus der Ark-tis und die Erinnerungen an eine ganz besondere Reise rund um Spitzbergen.

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